Pressemitteilung 2018/133 vom

Fast alle Transaktionen im Versicherungs- und Bankenbereich, aber auch Prozesse großer Automobilkonzerne, Fluggesellschaften oder Börsen laufen über Mainframes. Nur die wenigsten Informatiker können allerdings mit diesen speziellen Großrechnern umgehen. Um Studierende für die Technologie zu begeistern und dem Fachkräftemangel auf diesem Gebiet entgegen zu wirken, organisiert das amerikanische IT-Unternehmen IBM jährlich den Informatikwettbewerb "Master the Mainframe Contest". Einer der drei diesjährigen Hauptgewinner des weltweiten Wettbewerbs ist der Leipziger Informatikstudent Sebastian Wind. Die Preisverleihung findet im Rahmen der "Z Technical University"-Konferenz in London vom 14. bis 18. Mai statt.

Der Informatikwettbewerb wird weltweit ausgetragen, hatte insgesamt 17.000 Teilnehmer und ein Gesamtpreisgeld von 76.000 US-Dollar. Teilnehmen konnten die Studierenden von zu Hause aus. Dazu erhielten sie von IBM per Login den Zugang zum System und mussten verschiedene, immer schwieriger werdende Aufgaben, sogenannte "Programmier-Challenges", bewältigen. Der Lösungsweg blieb den Nachwuchsinformatikern selbst überlassen - für Sebastian Wind ein hochgradig kreativer Prozess. Er wurde ausgezeichnet für seine Fähigkeiten, das System von Grund auf zu beherrschen.

In fast allen entscheidenden Lebensbereichen spielen Mainframes eine wichtige Rolle: Transaktionen fast aller Banken, Versicherungen oder die der Finanzbehörden der Bundesrepublik werden über diese Großrechner abgerechnet. Würde das sogenannte "System z" ausfallen, käme der gesamte Geldverkehr zum Stehen, auch der private. Da Mainframes im Alltag nicht sichtbar sind, haftet den Großrechnern etwas Mysteriöses an. Wind ist fasziniert von der Macht, die dahintersteckt: "Wenn eine gewöhnliche Website mal kurz offline ist, hat das keine weiteren Konsequenzen, aber wenn so ein System ausfallen würde, wäre das fatal. Doch bei allem Respekt: Am Ende ist es auch nur ein Computer", sagt der 27-Jährige.

Die Uni Leipzig ist Vorreiter bei der Ausbildung im Mainframe-Bereich. Sie ist eine der wenigen Hochschulen in Europa, die über eine Mainframe verfügt und eine fundierte Ausbildung in diesem Bereich anbietet. "Ich finde es spannend, dass man mit dem, was man hier lernt, so leistungsfähige Systeme betreuen kann", sagt Sebastian Wind. Dass der Student nun den weltweiten Hauptpreis nach Leipzig geholt hat, freut auch seinen Informatikprofessor Dr. Martin Bogdan sehr: "Sebastian Wind ist ein sehr passionierter, motivierter Mainframer, der sich auch in seiner Freizeit sehr viel damit beschäftigt. Der Preis ist natürlich vor allem für ihn, aber auch für die Mainframe-Ausbildung der Technischen Informatik hier am Standort eine Anerkennung. Dass wir hier so eine Mainframe vor Ort haben, ist wirklich etwas ganz Besonderes. Neben Leipzig verfügen europaweit nur zwei weitere Hochschulen über eine Mainframe," erläutert Bogdan.

Davon profitieren auch die Studierenden. Für Sie ist der "Master the Mainframe Contest" eine gute Möglichkeit, zu zeigen, was sie in den Universitätskursen gelernt haben. Bereits in den vergangenen Jahren waren die Leipziger in den regionalen Wettbewerben der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) erfolgreich.

Unterstützt werden die Informatiker der Universität Leipzig vom Academic Mainframe Consortium (AMC), einem eingetragenen, gemeinnützigen Verein, der auf Initiative der "European Mainframe Academy" und Prof. Dr. Martin Bogdan ins Leben gerufen wurde. Ziel des Vereins ist es, die Mainframe-Ausbildung an Hochschulen voranzubringen und damit mehr Nachwuchs für das Themenfeld zu begeistern.

Im Jahr 2017 hat die Uni Leipzig eine neue Mainframe (Typ z114) vom AMC erhalten. Sebastian Wind durfte mithelfen, den alten gegen den neuen Großrechner auszutauschen und betreut nun den neuen Mainframe. Den alten (Typ z9 EnterpriseClass) mit dem beinahe liebevollen Starwars-Spitznamen "Jedi" einfach zu verschrotten, brachte Wind aber nicht übers Herz. Außerdem ist es Tradition, den Rechner, an welchem man seine Abschlussarbeit geschrieben hat, zu behalten. Der zwei Tonnen schwere und 1,94 Meter hohe Koloss war zwar alt, aber noch funktionsfähig. Der Nachwuchsinformatiker erhielt die Erlaubnis, Großrechner Jedi mit nach Hause zu nehmen, um ihn in seinem Keller zu installieren, bevor er verschrottet werden musste. Eine einmalige Chance für den Masterstudenten, an der Hardware zu arbeiten und zu lernen. Beim Wettbewerb scheint dieses Engagement hilfreich gewesen zu sein: Die Aufgabenstellung von IBM hat er kurzerhand auf sein System übertragen und daraus eine spezielle Anwendung geschnürt. Seinen Lösungsansatz hat er den Juroren in einem Youtube-Video vorgestellt. Diese kreative Herangehensweise unterscheidet ihn seiner Meinung nach von den meisten Informatikern, die eher klare Lösungswegvorgaben bevorzugen.

Zu seiner Motivation sagt Wind: "Ich steh einfach auf große Computer! Und ich fand schon immer interessant, dass die Menschen ja im Prinzip ihre gesamte Existenz einem Rechnersystem anvertrauen, welches all ihre Versicherungsdaten und Banktransaktionen verarbeitet. Ich wollte immer wissen, was dieses System so sicher und zuverlässig macht und ich habe gezielt nach Kursen zu dem Thema gesucht und gesehen, dass die Universität Leipzig das anbietet. Außerdem gibt es hier ja auch einen Großrechner - das wollte ich mir unbedingt anschauen." In diesem Semester schreibt Sebastian Wind seine Masterarbeit an der Fakultät für Mathematik und Informatik der Universität Leipzig in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen. Derzeit denkt er darüber nach, im Anschluss daran zu promovieren.

 

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